Hotel- und Gastronomieverband DEHOGA Hessen e.V.
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Der DEHOGA Hessen erteilt kurz vor der Entscheidung über die Anhebung des seit 1.1.2015 in Deutschland geltenden Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro der Forderung der Gewerkschaft NGG, den Mindestlohn auf 10 Euro zu erhöhen, eine entschiedene Absage.
Das hessische Gastgewerbe habe kein Problem mit der Höhe des Mindestlohnes gehabt, betont der Präsident des DEHOGA Hessen, Gerald Kink: „Bei Einführung des gesetzlichen Mindestlohns lag der tarifliche Niedrigstlohn in Hessen bereits bei über 9,40 Euro. Wir haben schon seit Jahren eine faire und verantwortungsvolle Tarifpolitik mit unserem Sozialpartner, der NGG, geleistet. Auch das ist Ergebnis der Tariffreiheit. Weitere staatlich diktierte Steigerungen sind aber mit Blick auf die unterschiedlichen Regionen riskant.“
Seit dem 1. Januar 2016 liegt der tarifliche Einstiegslohn für ungelernte Hilfskräfte in Hessen bei 9,89 Euro.
Die Branche könne von Glück sagen, dass die Einführung des Mindestlohns in eine in Deutschland wirtschaftlich starke Phase gefallen ist. Die gute Konjunktur und die gute Konsumstimmung in Kombination mit Rekordbeschäftigung, niedriger Arbeitslosigkeit und geringer Inflation seien kausal dafür, dass der Mindestlohn Umsatz und Beschäftigung im Gastgewerbe bisher nicht geschadet habe. Es gäbe jedoch keinerlei Gewissheit, dass dies auch in konjunkturell schwächeren Zeiten so bliebe. „Der Mindestlohn hat seine Bewährungsprobe noch längst nicht bestanden.“, so Kink.
Insbesondere unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Regionen und Länder, müsse bei der Anpassung des Mindestlohns zum 1. Januar 2017 unbedingt Augenmaß walten.
Wenn der anzupassende Mindestlohn ab 1.Januar 2017 erneut über den niedrigsten Entgelten einzelner Tarifverträge liege und überproportionale Erhöhungen in mehreren Entgeltgruppen erforderlich mache, werden Fehlentwicklungen, wie z.B. die Aufkündigung der Tarifbindung beschleunigt. Und damit werde die Tariffreiheit letztlich untergraben.
Verband kritisiert bürokratische Megabelastungen
„Stabile Konjunktur und solide Umsatzzahlen des Gastgewerbes stehen aktuell sinkenden Erträgen gegenüber.“, konstatiert der Hauptgeschäftsführer des DEHOGA Hessen in Wiesbaden, Julius Wagner. Der Anfang Juni vom DEHOGA veröffentlichte Konjunkturbericht der Branche mache dies deutlich und belegbar: In 39 % der Betriebe der Hotellerie und sogar 47,6 % der Betriebe in der Gastronomie seien im Betrachtungszeitraum Oktober 2015 bis März 2016 trotz gestiegener Umsätze die Erträge gesunken.
„Die Leidtragenden sind vor allem die Kleinbetriebe und familiengeführten Unternehmen des Gastgewerbes in Hessen.“, so Wagner. Dabei seien bürokratische Megabelastungen hauptverantwortlich dafür, dass sowohl Zeit als auch Erträge derart schrumpfen, dass sich niemand mehr wundern müsse, wieso gerade die ländliche Gastronomie Stück für Stück den Rückzug antreten müsse. Wagner macht dabei deutlich, dass es nicht jede Vorschrift und Dokumentationspflicht im Einzelnen sei, sondern die Summe aller bürokratischen Erfordernisse schlicht niederdrückend geworden ist. „Man kann dies bereits an eingeschränkten Service- und Öffnungszeiten ablesen.“
Präsident Gerald Kink findet dafür deutliche Worte: „Die Toleranzgrenze des Gastgewerbes ist längst überschritten. Nicht der Mindestlohn, nicht faire Bezahlung sind das Problem unserer Branche, sondern die immer enger werdenden Korsage, mit der uns die unternehmerische Freiheit und damit auch die Ertragskraft genommen wird, um eigenverantwortlich in die Zukunft unserer Betriebe zu investieren!“ Kink verweist dabei beispielhaft auf das lebensfremde Arbeitszeitgesetz, den steigenden Fachkräftebedarf sowie die eklatanten Wertungswidersprüche im geltenden Mehrwertsteuersystem. „Bei diesen wichtigen Themen ist das Gastgewerbe angesichts permanent steigender Auflagen und Kosten der Verlierer. Damit muss endlich Schluss sein!“
Die Mindestlohnanpassung sei daher vor allem Gelegenheit und Anlass, auf die eigentlichen Herausforderungen aufmerksam zu machen. „Und es muss etwas geschehen. Wir fordern endlich Bürokratieabbau statt ständiger Mehrbelastungen. Wir fordern mehr Flexibilität in der modernen Arbeitswelt, und das bedeutet unter anderem die Anpassung des Arbeitszeitgesetzes an die Standards, die durch die EU-Arbeitszeitrichtlinie vorgegeben sind.“